„Kendr`sengat au …“

Anna Schlenk aus Laichingen
Anna Schlenk aus Laichingen © Steidle/Familienarchiv

„Hunger ist der beste Koch“ schreibt die Journalistin und Autorin Gudrun Mangold in ihrem Band über den Marktflecken Laichingen. In dem wir beide groß geworden sind zu einer Zeit, in der „Hunger“ grad gar kein Thema mehr war. Meine Großmutter hat immer von der Alb zitiert. „Viel Steine gab`s und wenig Brot“. Es gibt wohl so manches, was den Landstrich geprägt hat.

Ich mag die Geschichten von Gudrun (wir haben uns erst viel später kennengelernt, als Albsflüchtlinge). Sie erinnern an die Markttage immer zu Pfingsten. An den Duft von ofenwarmem Knautzen-Brot aus dem Backhaus. Ans „Büschele Macha“. An den Auftrieb ums ganze Haus zum Schlachttag mit Brühwürsten, Sauerkraut und Sonntagsweckle. Und wie die Ahne immer sagte: „Kendr sengat au, no vergoht d`Zeit beim Schaffa schneller…“.

Eine Offenbahrung

Heimkommen – nach fast 35 Jahren. Meine raue Alb ist in der Tourismus-Hitparade angekommen und an jeder zweiten Ecke lauert eine Überraschung. Münsingen generalsaniert, mit Charme und Liebe zum Fachwerk. Reutlingen eine Kulturstadt, halbmondän und mit Verkehr bis zum Abwinken. Das Lautertal prämierte Burgenstraße. Das Breitenstein-Plateau am HW1 zum Sundowner belagert von grillenden Cowboyhüten, shisha-rauchenden Unterländern, Retro-Klampfern und schaumwein-schlürfenden Sandalen.

Meine Erinnerungen sehen definitiv anders aus: … Sangria aus der Flasche auf dem Hohen Gundelfingen. Holz klauen fürs Lagerfeuer, wild campen und schwarz Mopedfahren. Mitternachts-Panik beim Abgang durchs Gestrüpp, Luftmatratze gekentert und in der kniehohen Lauter ums Haar ersoffen. Oder: Nacktbaden an den Gönninger Seen, inklusive Protest-Gülle vom oberen Hof. Die erste Redaktionsstelle beim Alb-Boten in Münsingen. Missglückte Schießübungen auf dem Truppenübungsplatz mit Schwerverletzten. Bleisatz, alte Lanz-Buldogs und Eisi-Gulp als Bürgermeisterkandidat in Engstingen. Pershing-Blockaden und Friedenscamps mit Thomas Felder. Ein wenig südländisches Flair beim Cappucino vorm Vis-a-Vis in Reutlingen.

Und ja, ich hab ihn noch kennengelernt, den legendären Ikarus vom Lautertal: Gustav Mesmer mit seinen Flugapparaten und der schlichten Idee, man werde eines Tages wie ein Vogel von Dorf zu Dorf und von Hügel zu Hügel hüpfen.

Das SWR-Team, das ich seinerzeit als junge Journalistin ins Lautertal nach Buttenhausen begleiten durfte, hat die Geschichte des „Outsiders“ aufgenommen. Sie haben es sicher gut gemeint, als sie den Gustav mit einem monströsen Helikopter auf der Wiese aufpickten. Das zerbrechliche Männlein wirkte darunter hilflos und erschlagen.

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Gustav Mesmer mit seinem Flug Fahrrad

Genuss-Kategorien

Die „neue Alb“ – das freut mich besonders – denkt in großen Sprüngen wie Genuss, Erlebnis und Stolz. Inzwischen schon in dritter Generation! Und das ganz selbstverständlich.

Ich hab meinen Teil auswärts dazugelernt: Im Marketing für das Landwirtschaftsministerium. Bei Großveranstaltungen für die Stuttgarter Handwerkskammer und den Flughafen. Im Gästemanagement auf der Farm bei Windhook. Für die Messe kulinart und den großen Gastro-Führer am Bodensee – die „Seezunge“.

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Ich bin dann mal weg

Ein paarmal mit Rucksack und Kamera um die Welt. Einer noblen Ausbildung als Hotelfachfrau (Steigenberger) im Gepäck und der Erfahrung in Krisengebieten habe ich angefangen, genauer hinzuschauen: Was meine Älbler in ihren Koch- und Backstuben tüfteln. Was die Zurückgekommenen und die Dagebliebenen in ihren Manufakturen, Werkstätten und am Mischpult auf die Bühne bringen braucht keinen Lifestyle-Kick. Das ist gereifter Kult. Inmitten einer der vielfältigsten Landschaften, die ich entdecken durfte.

Ich war weg und andere haben ihre Träume verwirklicht: vom Theologen – zum Journalisten – zum Töpfer – zum Chocolatier – zum Promi-Gastronomen. Oder vom Model – zum Banker – zum Bäckermeister mit Basis-Lager für feinste Brot-Kreationen. Streight!

geschichten aus dem gastro blog

Die eigene Biografie holt auf: von der Lokaljournalistin – zur handgemachten Künstlerherberge – mit Scheunengalerie. Geschichten aus dem eigenen Gastroblog haben da noch gefehlt.

Wie es sich für einen Blog gehört, sind diese sehr persönlich und dürfen nach den Regeln der Gastfreundschaft kommentiert werden. Dabei besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit aber immer die Gefahr, etwas Überraschendes zu entdecken. Dabei geht es um Menschen und ihre Geschichten. Gerne auch abseits der Trampelpfade.

Mein Gebiet: die mittlere Schwäbische Alb,
wo sie ursprünglich ist.

ich hoffe, es schmeckt!