Backhäuser, Ofenbauer Arnold

Backhäuser

Feuer, Brot und Batschete

Nichts weckt so viele Erinnerungen wie die duftende Krume eines frisch aufgebrochenen Backhaus-Brotes. Und nichts ist so unerschütterlich wie die Batschete der Seilschaft an der eisernen Luke. Zwischen der Bäs-Ann und ihrer Backgemeinschaft, der Rieke. Wenn die Glut zu grauer Asche zerfallen ist, der feuchte Hudelwisch im Ofen tanzt und dabei die Hitze verteilt, wird keine Ablenkung mehr geduldet. Mechanisch wie ein Uhrwerk wird der Teig aus der riesigen Holzmulde gebrochen und mit dem Schapf flink Reihe um Reihe ins Ofengewölbe gekippt.

Mit der gewässerten Schapf wird Laib für Laib in den Ofen eingeschossen. Fotos: Dapfen
Prachtstücke aus dem Holzofen im Backhaus Dapfen. In der hintersten Reihe zieht das Brot gerne Knaus`.

Es gelingt – wieder einmal – erzählen die sanften Augen meiner Großmutter, der Bäs` Ann. Wir Kinder sitzen gebannt in der Fensternische. Damit wir ja außer Reichweite sind, wenn mit dem langen Brotschieber eingeschossen und ausgefahren wird. Die Hitze des Holzfeuers auf den glühenden Backen und den Rotz in der Nase.

Mit der heimlichen Vorfreude auf das erste freche „Riebele“, das sich aus der hintersten Reihe im Ofen traut und vom Laib geschnitten wird. Mit ganz viel Glück ein Stück vom salzigen Scherrkuchen. Ihr heiliges Zwetschgenblatz klemmte die Ahne immer halbschräg zwischen Hüfte und Handballen, wenn sie müde und schwankenden Schrittes ihr Leiterwägele vom Backhaus nach Hause zieht. Kindeheitserinnerungen.

Beste Freundinnen auf Gedeih und Verderb sind die zwei Backfrauen wohl gewesen. Sie wussten alles voneinander – von den „Mannsnam“, der Nachbarschaft, von der „Gmoid“ und dem verehrten Grafen Zeppelin. Wer bäckt, ernährt die Familie. Gibt es etwas mystischeres als Feuer, Brot und a Batschete?

Die glänzenden Brotlaibe lagen aus Kindersicht ewig und drei Tage auf der Brothang über den Mostfässern. „Vom Schimmel kann man singen“, lachte die Bäs` und schnitt beim letzten Ranken Brot die blau gewordenen Stücke einfach in den Schweinekübel.

Hengen im Backfieber

1.500 goldgelbe Laib Brot holen die Hengener Backfrauen in durchschnittlichen Fest-Jahren in 22 Backgängen aus den vier Öfen im Gemeinde-Backhaus. Die meisten der röschen Dreipfünder sind schon im Voraus verstellt.

Der Backhaushock rund um die Kirche ist weit über die Gemeindegrenzen hinaus legendär. Die Gäste kommen aus dem Täle: aus Lenningen, Nürtingen, Esslingen, Wendlingen und weiters her. Berühmt sind die Laugenweckle, Scherrkuchen und Zwiebelkuchen, die der Hitze wegen separat ausgebacken werden. Jede backende Alb-Gemeinde hat da so ihre Geheimrezepte und eigenen Holzofen-Spezialitäten. Die Hülbener Nachbarn etwa sind berühmt für ihren saftigen Kartoffelteig.

Zum Dorfhock der Vereine in Hengen ist die Teigmaschine im Feuerwehrhaus aufgebaut und dort im Dauerbetrieb. Die örtlichen Wirtshäuser stellen traditionell ihre Gerätschaften zum Zwiebelschneiden zur Verfügung. Weil so viel am Stück gar nicht geheult werden kann. Am Dorfplatz wird aufgefahren, was Albhocketsen an rustikalen Köstlichkeiten zu bieten haben. Und wer irgendwann etwas mit diesem Ort zu tun hatte – großverwandtschaftlich, aus Freundschaft oder Leidenschaft – fiebert diesem Jahrestermin entgegen.

Foto oben: Beim traditionellen Vereins-Hock in Hengen wird drei Tage lang am Stück gebacken. Zwiswchen Backhaus und Dorfmitte pendelt Heidi Götz als Back-Kurier.
Foto: Steidle

Tradition, die verbindet

Backfrauen beim Hock der Hofbühlmusikanten in Neuhausen/Erms
Längst keine reine Frauensache mehr: Auf dem „Kispel in Gächingen steht die Teamarbeit an der Luke für Dorfgemeinschaft und Alb-Kulinarik
Der Dorfhock in Gächingen ist ein Festtag rund ums Backhaus. Fotos: Steidle

„Das Eventbacken hat mittlerweile immer mehr um sich gegriffen“, erzählt Backfrau Margit Länge aus Hengen, „auch für den Kindergarten, Kirchenprojekte oder privat. An der Kirbe war`s Backhaus früher ganz wichtig. Da hat man sich fast um die Backlose gestritten. Gleich nach dem Krieg sind die Städter extra auf die Alb gekommen. Die haben sich auf den Kuchen gefreut. Wenn man mit dem Leiterwägele durch den Ort gegangen ist, ist man von jeder Seite angesprochen worden.“

Früh um Sieben sind die Hengener Hausfrauen zum Losen ins Backhaus. Die Lose 1bis 3 mussten neu anfeuern. Das Vierte kam in den Genuss, dass man nur noch wenige „Krähle“ (Reisigbüschel) brauchte. Gebacken wurde im 3-Stunden-Takt. Vor hohen Festtagen waren`s vier.

Viel hat sich mit der Zeit verändert, weiß Margit Länge: „Unsere Vorfahren haben die Büschele noch von Hand gebunden. Ich hab`s in jungen Jahren schon mit der Motorsäge gemacht. Die jüngeren Frauen haben heute für die ganze Arbeit gar keine Zeit mehr.“

Trotz Wirtschafts Aufschwung –
die Hengener Backfrauen blieben ihrer Tradition treu

Backtag in Hengen war zu allen Zeiten Großkampftag – und gelebte Familientradition

Anfeuern ist eine Kunst

Angefeuert wird traditionell mit „Krähle“ oder „Büschele“, meist schon am Vortag. Brot braucht bei 220 Grad Celsius etwa eine Stunde. Kuchen, Dinnele, Weckle oder Zöpfe werden extra ausgebacken oder vorne an die Luke gesetzt. Foto: Gomadingen

Traditionell werden auf der Alb Reisig-Büschele aus dem Holzschlag mit kleinen bis mittelgroßen Ästen zum Anfeuern verwendet. In Wein-Gegenden wie Metzingen und Neuhausen wird wohl noch heute der Rebschnitt mit verarbeitet, in Obst-Gebieten wie dem Ermstal der Baumschnitt. Der legendäre Holzofenbäcker Günther Weber vom Lorettohof oberhalb von Zwiefalten schwört auf Buchenholz aus den umliegenden Wäldern.

Die Kinder der Uhland-Grundschule in Pfullingen beim gemeinsamen Büschele-Machen im Wengert.
Foto: Uhlandschule

Mit allen Sinnen lernen und erleben

Die Uhlandschule in Pfullingen betreibt seit 2011 ihr eigenes Backhaus. Zweimal die Woche ist Back-AG. Am Ende der Grundschulzeit können die Kinder bei einem echten Bäckermeister ihre Gesellenprüfung ablegen.

Wer die Alb genießen will, ist auf dem über 300 Jahre alten Loretto-Hof mit alter Kapelle, Ziegenhof, Käserei und handfertiger Holzofenbäckerei genau richtig. Der große Holzofen auf Loretto wurde vom Hayinger Ofensetzer Arnold im Jahr 1997 an Ort und Stelle aufgemauert.

Ofenbauer Norbert Arnold aus Hayingen bei seinem generationenübergreifenden Handwerk. Arnold kennt die Alb-Backhäuser wie seine Westentasche.
Reparatur im Ofenschlund: Die Gewölbehöhe misst zirka 35 Zentimeter. Da bleibt auch mal ein Ofenbauer stecken.
Fotos: Norbert Arnold

„Die Gewölbe der Holzbacköfen sind nur 35 cm hoch“, erklärt Handwerker Norbert Arnold, „darin kann man sich kaum drehen. Von meinen Leuten kommt da nur noch einer rein. Mich haben sie auch schon mal an den Füßen wieder rausgezogen“. Häufigster Grund für die Sanierung alter Öfen ist ein ausgebrannter Backofen-Boden aus Schamott. Thermostate und Innenbeleuchtungen müssen nachgerüstet werden.

In sechster Generation pilgern die Arnolds – Großvater, Sohn und Enkel – mit ihrer feuerfertigen Baukunst über die Alb und ins nahe Umland: nach Ehestetten, Böttingen, Seeburg, Steinhilben, Mägerkingen, Geisingen, Anhausen, Glems oder Wilsingen.

Von Donnstetten und Zainingen über Grabenstetten, das Lautertal und Hohenstein bis zum Biolandhof Gaisbühl der Bruderhaus Diakonie in Reutlingen hat auf der Alb nahezu jeder Weiler sein eigenes Backhaus. Bremelau erhielt seins „als Mildtätigkeit des Fürstenhauses Thurn und Taxis einst für die armen Leut“.

Ofenbeleuchtung und Thermometer am Holzbackofen sind Erfindungen der Neuzeit. Der ultimative Hitzetest funktioniert mit einem Stück Zeitung. Es soll braun werden aber nicht verkohlen. Foto: Heimatmuseum Dettingen
Das ehemalige Backhaus in Honau, erbaut 1842. Die Aufnahme ist 1938 entstanden. Foto: Geschichtsverein Lichtenstein
Das Dorfbackhaus in der Most-Gemeinde Glems stammt aus dem Jahr 1876 und ist Mittelpunkt des traditionellen Dorlebens. Foto: Johannes Munz
Dorfbackhäuser wie das im 300-Seelen-Dorf Seeburg erzählen Geschichten: 1951 ging das Tuffstein-Gebäude am Fischbach in Betieb. Mit „G`friere“, Gemeindebad und Waschhaus. Der Vorgänger war im Dritten Reich der Heerstraße Richtung Truppenübungsplatz gewichen. Foto: Steidle
Foto St. Johann

Der Bau des Backhauses „im Flecka“ in Würtingen wurde 1939 vom Oberamt Urach genehmigt. Das kleinere Würtinger Backhaus „Ziegelhütte“ in der St.Johanner Straße wurde schon 1897 erbaut. Holzofenbrot, Butterkuchen, Scherrkuchen, Schmandkuchen, Seelen, Kimmicher oder Hefezopf aus dem Holzbackofen sind rare Alb-Köstlichkeiten zu Festlichkeiten. Die Kunst des Backens im Holzofen wird in allen St.Johanner Gemeindeteilen hochgehalten und gerne weitergegeben.
Foto: St.Johann

Die Gemeinde Hohenstein führt mit ihren fünf Backhäusern eine lange Backtradition am Holzofen fort. Um 1840 wurde in Eglingen das erste Backhaus errichtet. Foto: Hohenstein

Undenkbar: die Kispelgemeinden St. Johann ohne Backhaus und das Schlachtfest womöglich bloß mit schalen Weckle! Die beiden Würtinger Backhäuser „em Flecka“ und „Ziegelhütte“, die Gemeinde-Backhäuser in Bleichstetten, Gächingen, Lonsingen, Ohnastetten und Upfingen werden von privaten Initiativen oder Vereinen betrieben, die beim Tag des offenen Backhauses gerne bei Hefezopf, Laugenwecken, Pizza, Zwiebelkuchen und Seelen unter der Hand die Back-Kniffe ihrer Vorfahren weitergeben. Übrigens inzwischen reihenweise auch von Back-Männern. In alter Zeit hatten die Männer allerhöchstens als Aufsich Zutritt in die Weiber-Domäne. Etwa um den Backzins eintzutreiben und auf die strengen Regeln im Backverkehr zu achten.

1968: Gemeindebäcker Richard Breitling bei der Arbeit im Gemeinde-Backhaus in Mägerkingen.
Gemeindebäckerin Irmgard Bez bäckt für Mägerkinger Familien. Fotos: Geschichtsverein Trochtelfingen

Das Backen ist nie ausgelernt

Noch heute ist kein Backgang wie der andere. So haben die erfahrenen Backweiber früher einfach Mehl ins Ofeninnere gestreut um zu sehen, ob die Hitze richtig ist. Oder ein Stück Zeitungspapier eingelegt, das zwar braun werden durfte aber nicht verkohlen. „Unsere Vorfahren haben das Brot gewannt“, erklärt Backfrau Margit Länge aus Hengen. Dabei wurde der Teigklumpen in einem gemehlten Korb geschwenkt. Das Brot zieht dadurch wohl schneller hoch und wird großporiger. Heute verwenden die Backfrauen in aller Regel eine gewässerte Schapf am langen Stil. Der Laib wird damit einfach in den Ofen gekippt, Reihe für Reihe. Vorne an der Luke ist traditionell der Platz für zusätzliche Laugenweckle und Kuchen. Weil dort die Hitze nicht so groß ist.

Brotmischungen mit und ohne Körner, Nüsse und Gewürze gab es in früheren Zeiten nicht. Verarbeitet wurde reines Weizenmehl.

„Seeburg hat viele Mühlen gehabt“, erinnert sich Backfrau Margit Länge: „Der Oscar Mögle von der oberen Mühle ist mit den Gäulen den Berg hoch nach Hengen gefahren und hat dort Mehl verkauft. Wenn der Kleber gefehlt hat, haben sich die Frauen beschwert, weil das Brot nichts geworden ist.

Der Rohstoff bestimmte die Güte des Brotes. Dabei machte es schon einen großen Unterschied, wie der Weizen aufgewachsen ist, wie er gemahlen und gelagert wurde. Jeder Jahrgang ist anders“, meint die Älblerin, „und beim Backen hat jeder so seine Philosophie“. Dazu gehört auch das ganz besondere Gefühl in den Fingerknöcheln: „Wenn man unten an den gebackenen Laib klopft und es tönt dumpf, dann ist er fertig“.

Zu hohen Feiertagen wie der Kirbe waren Backlose heiß begehrt. Sie wurden wie in Seeburg vom Ortschaftsrat ausgelost (Foto), gewürfelt oder der Reihe nach vergeben. Die ersten am Ofen hatten die Mühe mit dem Anheizen und investierten viel Holz. Die Letzten profitierten davon – und schimpften nicht selten über die Vorarbeit.
Foto: Seeburg
Die Klopfprobe zeigt der Backfrau in Dapfen, ob das Brot durchgebacken ist.
Foto: Gomadingen

Geritztes Brot und Spezial-Feiertagsgebäck

Gebacken wird und wurde generell zu zweit. Gekennzeichnet wurden die verschiedenen Partien, indem man kleine Reisig-Stöckchen aufs Brot streute oder den Laib einritzte. Gemunkelt wird, dass in katholischen Gegenden geritzte Kreuze und allerlei Spezialgebäck zu besonders hohen Festtagen durchaus auch einen mystischen Hintergrund gehaben haben könnten.

Brot ist ein Kulturgut

„Brot hat in allen Hochkulturen eine ganz besondere Bedeutung“, erklärt Albrecht Arnold vom Heimatmuseum in Dettingen an der Erms: „Das Hohenlohische nimmt bei der Vielfalt der traditionellen Gebäcke eindeutig eine Sonderstellung ein“. Und: „Brot ist Heimat“, schwärmt der Dettinger, „es gibt keinen intensiveren Geruch als frisch gebackenes Holzofen-Brot“.

Albrecht Arnold hat die wandelbare Geschichte der Älbler Dorfbackhäuser ausgeleuchtet: „Jahrzehntelang hatte sich Württembergs Bevölkerung gegen Gemeindebackhäuser gewehrt. Tatsache ist, dass bereits seit 1773 eine Brandschaden-Versicherungsordnung bestand, die auf der Alb gerne geflissentlich ignoriert oder sogar belächelt wurde. Herzog Carl Eugen ordnete 1785 an, dass „Communen Bedacht nehmen sollen, öffentliche Wasch-, Dörr- und Backhäuser zu errichten …“. Durch Brände auf den Hofstellen wurde viel Unheil angerichtet. Auch der Raubbau an den heimischen Wäldern muss seinerzeit immense Ausmaße angenommen haben.

Feuerpolizeiliche
General-Verordnung

Alb-Archivarin und Volkskundlerin Angelika Bischoff-Luithlen schreibt in ihrem Historienwerk „Der Schwabe und die Obrigkeit“: „Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hatte jeder Bauernhof seine eigene Backgelegenheit. Es war durch das Backen in privaten Öfen so oft zu Feuersbrünsten gekommen, dass man dagegen einschreiten musste.“ Bischoff-Luithlen: „Man kann sich vorstellen, wieviel rhetorische Energie, auch von weiblicher Seite, dagegen aufgewendet worden ist.“ Gewohnheiten gibt man nicht gerne auf und wer lässt sich beim Backen schon gerne auf die Finger schauen oder nimmt Rücksicht auf andere Gepflogenheiten?!

Das „Obere Backhaus“ in Dettingen/Erms entstand um 1840 am heutigen Mühlplatz an Stelle des uralten Waschhauses, direkt über dem Mühlkanal. Herzog Carl Eugen hatte wegen Holzersparnis und Brandgefahr den Bau der Commun-Backhäuser angeordnet. Auch die Dettinger ließen sich mit der Umsetzung viel Zeit. Foto: Arnold Albrecht, Dettingen/Erms
1982 am „Mittleren Backhaus“: Räuberkarren und Handwägele sind mit der kostbaren Brotfracht beladen. Foto: Gemeinde Dettingen/Erms
Das „Mittlere Backhaus“ am Bettelsteg ist eins von Dreien in Dettingen an der Erms. Es entstand um 1879. 1992, zur 900-Jahr-Feier der Gemeinde, setzte der Künstler Martin Kirstein dort dem Backweib ein Denkmal. Das „Untere Backhaus entstand 1866 am Kelternplatz. Foto: Foto: Arnold Albrecht, Dettingen/Erms

„Brotbacka isch a G`schäft“

So haben sich die Älblerinnen über die Back-Generationen hinweg ihren eigenen hoheitlichen Raum geschaffen. „S`Brotbacka isch a Gschäft. An dem Tag wo`s Weib s`Brot backt isch gnuag g`schafft“, erzählt Liselotte Künkele, die dem Seeburger Backhaus 50 Jahre lang vorstand: „Die Frau vom Oscar Mögle von der oberen Mühle hat den Scherrkuchen nach einem Rezept von ihrer Schwiegermutter mit zerlassenem Schweineschmalz, Salz und Kümmel direkt auf der Kuchenschaufel ausgewellt und als Erstes direkt auf dem Stein gebacken. Das konnte nur sie. Die in der oberen und unteren Mühle haben zu zweit im großen Brot-Trog geknetet. Das war Schwerstarbeit.“

Backen im großen Stil, als Familienfest oder Bäsles-Treff gibt es noch heute im 300-Seelen-Dorf Seeburg. Zu normalen Zeiten wird alle 14 Tage für einen guten Zweck gebacken. Allein die Teigmaschine ist legendär: sie stammt vom letzten Bäcker im untergegangenen Albdorf Gruorn, der ein gebürtiger Seeburger gewesen sei.

Am Vortag wird mit den „Krählen“ (Reisigbüschele) ordentlich vorgeheizt. Am Backtag erreicht das Ofeninnere mit 220 Grad optimale Brotback-Temperatur. „In der hinteren Reihe zieht die Hitze das Brot schnell hoch“, erklärt Liselotte Künkele, „da gibt`s gern Knaus`. Fürs Einfrieren ist das allerdings wenig tauglich.“ Die Ungeraden brauchen viel zu viel Platz.

Fotos: Heimatmuseum Dettingen/Erms

Das „Hefel“ steht für eine karge Zeit

Für das karge Wirtschaften während der Kriege steht vielleicht am Ehesten die Handvoll Teig vom vorherigen Backen, die immer in einem Häfele abgedeckt auf der Brothang stand. Das sogenannte „Hefele“ wurde zum „anlassen“ des frischen Brotteigs verwendet. Profis wie Günther Weber vom Lorettohof arbeiten seit über 30 Jahren mit der gleichen Sauerteigkultur. Weber schwört auf geriebenes altes Brot im Teig. Das gibt dem Holzofenbrot wohl noch ein Zusätzliches an Geschmack.

Etwa alle zehn Tage wurde früher frisch gebacken, weil das Brot nicht länger haltbar war. Zur Heuernte hat man vorher und nachher gebacken. Weil man zwischendurch keine Zeit hatte. Eine seltene Köstlichkeit, erinnert sich Liselotte Künkele, war das letzte Schnitzbrot im Frühjahr. „Das hat schon Fäden gezogen. Die hat man einfach abgebürstet, das Brot zum Aufbacken ins Ofenloch geschoben. Butter drauf. Was für ein Hochgenuss!“ Etwas ganz Besonderes war der Kirbekuchen aus dem eigenen Sauerrahm, dem „Knollen“.

„Träuble, Zwetschgen, Apfelkuchen – es kam immer drauf an, was in dem Jahr gewachsen ist“, erklärt Backfrau Künkele, „und man lernt`s Backen nie ganz aus. Es wird immer ein Bissle anders. Das Mehl war früher auch nie gleich. Die Frauen haben rebelliert, wenn`s Brot mal wieder nichts war. Der Müller hat dann vom Hafen in Plochingen den Auslandsweizen geholt. Später hat die BayWa eine Trockenanlage gebaut. Dann war`s wieder gut“.

Auf der Durststrecke

Ohne Hock glimmt das Backhaus-Leben iauf der Alb auf Sparflamme. Lediglich private Backgänge waren zu Corona-Zeiten möglich. Viele Bäckereien bieten Älbler Holzofenbrot und andere Neo-regionale Spezialitäten aus dem Pelletofen an. Auf dem Waldhof Eberhard bei Hengen wird einmal die Woche im eigenen Ofen traditionell gebacken. Die Holzofen-Kür wird auf dem Lorettohof bei Zwiefalten gepflegt. Die Münsinger Albbäckerei Hoffmann betreibt im Lautertal ein altes Dorfbackhaus. Befeuert wird das Backhaus mit Buchenholz aus Albwäldern. Ohne lange Transportwege, in bester Qualität. Das Backhausbrot wird zweimal wöchentlich nach alter Tradition und in Handarbeit hergestellt. Aus dem Holzofen kommen zudem allerlei Alb-Spezialitäten.

https://www.waldhof-eberhard.de/produktverkauf/
https://www.lorettozwiefalten.de/wo-gibts-unser-brot/
https://www.albseele.de/aktuelles/