Frech schwäbisch
Ein Cannstatter Spätzles-Schwob erzählt den Älblern wie „die perfekte Maultasche“ geht. Und das in ihrer guten Stube, dem Museumsdorf in Beuren an der Albkante. Gewagt bis frech, aber grundsätzlich eine geniale Idee.
Trotz der Duftmarke im eigenen Revier – für das Freilichtmuseum Beurener Freilichtmuseum war es eine glückliche Fügung: Die Gastronomie suchte einen neuen Pächter. Der Anspruch von „Herr Kächele“ an die Zutatenliste und ans schwäbische Kulturgut ist hoch. Foodtruck und Maultaschen-Fahrrädle passen zu den Schwerpunkt-Veranstaltungen – Kächeles geplante Kochschule ins Museums-Konzept.
Bei Herrn Kächeles neuer Kochschule ist Brigitte Steinwender vom Landfrauenverband Württemberg-Baden mit im Boot.
Die Gastronomie im herrlichen Ambiente der Hofanlage Mannsperger logiert im stattlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude aus Tamm nebst Scheuer aus Gärtringen. Mit großzügigem Biergarten und sonnigen Hofplätzen unter der alten Wäscheleine. Die Präsentationsräume für bis zu 100 Personen: Stucksaal, Erker- und Balkenzimmer. Der Gastwirtschafts-Trakt verfügt über eine professionelle Küche, die möglichst bald wieder als eigenständige Gastronomie funktionieren soll.
Wer hier als Wanderer oder von außerhalb einfach nur essen möchte, sagt an der Kasse am Zugang zum Freilichtmuseum einfach Bescheid. Auch Firmen-Events, Familienfest und Hochzeiten halten wieder Einzug ins bäuerliche Dorfleben, wie zu Uromas Zeiten. Die Speisekarte soll nach und nach erweitert werden. Auch an ein Tagesessen ist gedacht.
Ad hoc hat der Betrieb im Mannsperger Hof am 4. April 2022 begonnen. Auf der Karte im Biergarten stehen Brezeln mit Weißwurst, Saiten mit Kartoffelsalat, Schweizer Wurstsalat und Maultaschen bis zum Abwinken. In der einmaligen Atmosphäre des Museumsdorfes gibt es auch Kaffee und Kuchen.
Der Stuttgarter Betreiber sucht für seine Premium-Location am Fuße der Alb noch nach einer Stamm-Mannschaft und einem Küchenwunder als „Chef“.
Kächeles Maultaschen nach ausgetüfteltem Geheimrezept werden übrigens in der Großküche einer Landmetzgerei auf der Ostalb hergestellt. Da schließt sich der Kreis.
Das 2013 von Immobilienentwickler Jens Caspar aus Bad Cannstatt gegründete Unternehmen garantiert Oma`s Sonntagsküche – „ganz ohne fiese Inhaltsstoffe und Geschmacksverstärker. Wenn mit Fleisch, dann nur aus tiergerechter Haltung der Premiumstufe des Deutschen Tierschutzbundes.“ Alles andere ist bio.
Grundsätzlich gibt es Herr Kächeles Maultaschen auch in vegetarisch und vegan. Die mit Steinpilzen sind Liebhaber-Früchtchen. Kässpätzle, Fleischküchle, Linsen mit und ohne Saitenwürstle gehören zum Kernsortiment. Alles gibt es auch abgepackt, IFS-zertifiziert in vielen Läden und online zu kaufen.
Die schwäbische Maultasche mit ihrer jahrhundertealten Tradition ist übrigens seit 2009 ein geografisch geschütztes Kulturgut.
Stuttgart ist bekennende Genuss-Metropole. Am Heiligtum Maultasche haben sich dort schon viele probiert. Die Idee, Döner, Pizza, Langos, Falafel & Co. mit schwäbischer Identität zu begegnen, gipfelte vor rund zehn Jahren in einer Foodtruck-Invasion. Mobil und überall einsetzbar. Jeweils mit dem Anspruch der Regionalität und Originalität auf hohem Niveau. Etwas anderes hätte man im Ländle auch gar nicht erwartet.
Viele haben seinerzeit vom öden Bank- oder Bürojob ins Heimat-Business und an den Kochtopf gewechselt. Mit und ohne Spitzenkoch an der Seite und mit enormem Durchhaltevermögen bis zur legitimierten Marktreife. Auch Kächele-Inhaber Jens Caspar machte 2013 seine heimliche Leidenschaft zum Geschäft.
Verwöhnt vom Erfolg erfüllte er sich im Jahr 2020 einen weiteren Kindheitstraum: Er kaufte die vier Schiffe des Neckar-Käptn` in Bad Cannstatt auf und verpasste der Ausflügler-Flotte ein Retro-Image der Sechzigerjahre.
Eine Hommage an Berta Epple, die Grande Dame der Neckar-Personenschiffahrt. Das nach ihr benannte Fahrgastschiff fährt auf der Saine in Paris.
Die Kombüsen wurden auf Vordermann gebracht und die Gasträume mit maultaschenverrückten Kochjunkies belegt. Die Seminare waren der Hype. Die Flussschiffahrt ein gefeiertes Revival. Inzwischen schippert die Kächele-Familie mit elf Schiffen auf dem schwäbischen Strom.
„Kächele“ heißt das Unternehmen deshalb, weil früher die Maultaschen in der Kachel zubereitet wurden.
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